„Ich mache Sport nicht um weniger zu werden, sondern mehr“

Interview mit Powerlifterin Lily

verfasst von Rebecca Fritz und Hannah Grünebaum

Freiburg Wir treffen uns mit Lilly an der Dreisam. Sie trägt ein schwarzes Top, das ihre tätowierten Arme zeigt. Außerdem hat sie ihren Hund Agatha dabei, die uns neugierig anspringt. Wir setzen uns auf eine Bank in der Sonne und beginnen das Interview.

Hannah: Viele Menschen können sich unter dem Begriff Powerlifting erstmal nicht viel vorstellen. Kannst du uns zu Anfang erklären, was diesen Sport ausmacht?
Lilly: Powerlifting heißt auf Deutsch Kraftdreikampf. Das kommt daher, dass es im Wettkampf drei Disziplinen gibt. Zuerst die Kniebeuge, dann das Bankdrücken und danach das Kreuzheben. Im Training trainiert man meistens die drei Grundübungen, aber auch Assistenzübungen, die man aus dem Bodybuilding kennt.

Rebecca: Du hast selbst noch nicht an einem Wettkampf teilgenommen, aber bereitest dich darauf vor. Wie?
Lilly: Am effizientesten ist das Training, wenn man es plant. Mein Plan ist in verschiedene Blöcke eingeteilt mit jeweils anderem Fokus. Oft beginnt man mit dem Aufbau von Muskelmasse. Mit der Zeit werden es dann immer weniger Wiederholungen und schwereres Gewicht. Da geht es dann eher um Stärke und man trainiert wettkampfspezifischer. Ich gehe viermal die Woche trainieren. Der Plan gibt mir vor, welche Übungen ich mache, wie viele Sätze und Wiederholungen und wie anstrengend. 

Hannah: Wir würden gerne wissen, wie du zum Powerlifting gekommen bist.
Lilly: Tatsächlich hat das ein einziges YouTube-Video von der YouTuberin megsquats ins Rollen gebracht. Das war eine kanadische Powerlifterin, die als eine der ersten Frauen auf Social Media viel übers Powerlifting gepostet hat. Ich war total perplex, weil da war eine Frau, die genauso viel gewogen hat wie ich zu dem Zeitpunkt, und hat für mich unglaubliche Gewichte bewegt. Ich wusste gar nicht, dass das möglich ist. Ich fand diese Stärke total toll und sie hat mich inspiriert, weil ich von Natur aus kein sehr starker Mensch bin.

Es ist total bewundernswert, was diese Frauen leisten und schön, dass inzwischen immer mehr Frauen ins Powerlifting kommen, was früher eine Männersportart war.

Rebecca: Was motiviert dich zum Powerlifting?
Lilly: Als Kind war ich sehr unsportlich. Wenn im Sportunterricht Völkerball gespielt und die Teams gewählt wurden, blieb ich immer als Letzte sitzen. Es wurde sich über mich lustig gemacht. Es ist cool zu sehen, dass ich einen Sport gefunden habe, den ich sehr gerne mag, in dem ich Erfolge erzielen und mich selbst pushen kann.

Rebecca: Wie war dein Körperbild vor dem Powerlifting und wie hat es sich dadurch verändert?
Lilly: Das war lange sehr schwierig für mich. Ich hatte nie viel Selbstbewusstsein, dafür immer das Gefühl, ich bin zu dick und muss abnehmen. Aber jetzt, wo ich das überwunden habe, mache ich Sport nicht als Bestrafung oder um dünner zu sein, um weniger zu werden, sondern um mehr zu werden und um zu performen. Das Aussehen steht nicht im Vordergrund. Stattdessen will ich, dass mein Körper Leistung erbringt, ich möchte ihm die Basis dafür geben mit dem Essen. Das finde ich superschön daran.

Rebecca: Frauen werden oft als das schwächere Geschlecht bezeichnet. Entspricht das deiner Erfahrung? 
Lilly: Natürlich gibt es biologische Unterschiede, zum Beispiel beim Testosteron, was beim Muskelaufbau und der Kraft hilft. Natürlich sind auch die absoluten Zahlen niedriger. Mich stört das alles aber nicht, es sind einfach andere Voraussetzungen. Frauen sind ja nicht schwächer, weil sie nicht so hart arbeiten. Im Gegenteil, oft muss man als Frau gerade am Anfang unglaublich viel Arbeit reinstecken, weil Frauen durch generell weniger Kraftsport oft die Basis fehlt, die viele Männer schon haben. Es ist total bewundernswert, was diese Frauen leisten und schön, dass inzwischen immer mehr Frauen ins Powerlifting kommen, was früher eine Männersportart war. Von Kraftsport generell kann eigentlich jeder Mensch profitieren. Aber gerade Frauen, denen oft gesagt wird: “Bleib klein, werd weniger, nimm ab”, kann das sehr viel bringen.

Hannah: Was würdest du anderen – vielleicht gerade Frauen – raten, die mit dem Powerlifting anfangen möchten?
Lilly: Traut euch! Ich kenne das sehr gut von mir. Gerade als Mensch, der in seiner Kindheit oder Jugend nicht sportlich war. Wenn euch jemand fürs Anfangen auslacht, dann sagt das einfach alles über ihn oder sie aus und nichts über dich, weil das das Niedrigste ist, was man machen kann. Aber ich habe in der Community selbst bisher immer nur Support erlebt.

Zur Person:

Lilly ist 21 Jahre alt und wohnt mit ihrem Hund Agatha seit Anfang 2020 in Freiburg. Hier macht sie ihre Ausbildung zur Fachinformatikerin für Systemintegration. In ihrer Freizeit macht sie gerne Poetry Slam und Powerlifting.

Wenn ihr jetzt noch nicht genug vom Powerlifting habt, schaut euch Lillys Freundin an, die letztes Jahr die deutschen Meisterschaften in ihrer Gewichtsklasse gewonnen hat und für Lilly eine große Unterstützerin ist.

Gleise

Immer wieder entgleisen meine Gedanken,
verweisen auf dich,
reisen zu dir,
bleiben bei dir.

Währenddessen sitze ich im Zug
schaue der Landschaft zu
wie sie hügeliger wird
wie das Ruhrpottgrau abnimmt
und Feldern, Bergen, Wiesen weicht,
fahre einige Male über den Rhein.

Bin wieder fort,
dort, wo mein Zuhause sein könnte,
wären da nicht meine Gedanken,
unsere Liebe,
wärst da nicht Du.

Jetzt gerade sind es noch Gleise,
die uns voneinander wegführen,
doch auf irgendeine Art und Weise,
werden aus den Gleisen Weichen,
die wir stellen,
um irgendwann unser lang ersehntes Ziel zu erreichen.

Foto aus dem Zug bei Freiburg: Hannah Grünebaum


Dies ist nicht nur ein neuer langersehnter Blogbeitrag meinerseits, sondern gleichzeitig auch eine Hausaufgabe für meinen Unikurs Einführung in den Online-Journalismus. Wir sollten einen Blogbeitrag erstellen und da dachte ich mir, das habe ich eh schon wieder viel zu lange nicht getan, also verbinde ich das mal.

In den nächsten Wochen folgt auch noch ein größeres Projekt. Also seid gespannt!

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Des Winters Tod

Wolkenverhangene Wiesen,
Überflutete Bäche,
ein Nieselregen, der sich in die Knochen setzt,
kahle Baumkronenriesen,
stachelige Büsche, ermüdet und abgefetzt.

Ein Stillleben der Natur,
der Atemzug, auf den kein zweiter mehr folgt,
ein Bild verloren gegangen zwischen zwei Welten,
abgestellt, doch niemals abgeholt.

Der Sumpf nimmt die Geheimnisse mit ins Grab,
Spinnenweben decken es zu,
ein Versteck in das niemand mehr schaut,
der frostlose Winter ist niemals wieder aufgetaut.

Morgen ist März. Bald ist Frühling. Da nutze ich die Möglichkeit, noch schnell ein paar Gedanken über den Winter loszuwerden. Nicht den Winter, der uns verzaubert, in dessen Schnee wir spielen und in dem wir poetischen Gedanken bei einer Tasse heißem Tee nachgehen. Nein, ein anderer Winter.

Das Ende einer langen Reise

Ich setze mich auf meinen Koffer, zwänge ihn zum Schließen,
hoffe dass die Nähte nicht reißen und meine Klamotten wieder hinausschießen.
Nun bin ich wieder Nomade, der ganze Haushalt auf Rücken und in der Hand,
für vielleicht acht oder neun Stunden, bis ich mich wieder bei meinen Eltern einnisten kann.

Ich verlasse, was für fünf Monate mein Zuhause war, und gleichzeitig auch nicht,
ich bin dort jeden Morgen zum Bäcker gegangen, doch Heimat ist es nicht.
Ich war Ausländer, Entdecker, Abenteurer und Gast
War neu und fremd,
bin fast zum Franzosen geworden, aber auch nur fast,
habe Orte und Menschen kennengelernt.

Ich habe neue Freundschaften aufgebaut
und gelernt, dass nicht alles so läuft,
wie man es plant
und dass man auch viel alleine ist,
aber allein sein nicht einsam bedeutet.
Wenn ich etwas gerne machen, sehen oder erleben wollte,
aber niemand Zeit hatte, den ich kannte,
dann bin ich halt alleine hin,
das lass ich mir nicht nehmen.

Ob ein Stadtbummel oder Surfen gehen,
Museen besuchen und Schlösser ansehen.

Gleichzeitig habe ich Sprachbarrieren überwunden,
mit Händen und mit Füßen gerungen.
Ich habe die Ähnlichkeit zwischen uns und den Anderen entdeckt,
doch auch Unterschiede haben sich darunter versteckt.
Jetzt, weiß ich, was ich an Deutschland liebe.
Zum Beispiel, dass wir streng und penibel,
darauf achten, dass niemand nach 22 Uhr mehr Glas wegwirft.
An andere Sachen muss ich mich wieder gewöhnen,
zum Beispiel bei Rot an der Ampel stehen zu bleiben
und solange zu verweilen,
bis es tatsächlich Grün wird.

Ich lasse die vertraute Fremde zurück,
aber nehme ein Stück,
von ihr mit.
Den Wein, den ich noch in den Koffer zwänge,
und dafür ein paar Unterhosen in Frankreich lasse,
die Offenheit
und die Kontaktfreudigkeit.
Viele nette Menschen, manch eine Freundschaft, die in Deutschland weiter geht,
und den Uringestank aus der Straße neben meinem Unigebäude.
Ich nehme Gelassenheit mit, Mut für jeden weiteren Lebensabschnitt,
die Fähigkeit sich mit Händen und Füßen zu verständigen
und ein Lieblingsprofirugbyteam.

Ich sehe nach vorn,
freue mich auf das, was kommt,
besonders auf den Wichtigsten Menschen darunter,
ja, Papa, das bist natürlich du,
brauchst dich gar nicht wundern.

Endlich wieder an einer Seite,
nicht getrennt durch Reisepläne,
liegen wir in der unendlichen Weite deines kleinen Zimmers
und entdecken dort die Welt.
Ich danke dir und allen Anderen für ihre Unterstützung,
für dein Warten und auch für deinen Mut.
Siehst du, am Ende wird doch alles gut.

Jetzt fahre ich in den Heimatbahnhof ein,
pünktlich, weil ich nicht über Deutschland fahr,
und das wars,
das Ende einer langen Reise
und der Anfang einer noch längeren.

Bildbeschreibungen

  1. Bordeaux Schrift zur Rugby WM 2023 auf dem Place de la Victoire mit Siegessäule und Unigebäude im Hintergrund (Fakultät Humanwissenschaften).
  2. Miroir de l’eau mit Weltkulturerbe im Hintergrund, das den Reichtum Bordeaux symbolisieren sollte und Händlerschiffe beeindrucken sollte.
  3. Großer Glockenturm von Bordeaux
  4. Blick vom Glockenturm der Saint-André Cathedrale auf die Cathedrale
  5. Innenhof der Fakultät Humanwissenschaften
  6. Blick auf die Garonne
  7. Rugbyspiel von Union Bègles Bordeaux gegen Brieves
  8. Strand von Arcachon
  9. Cap Ferret bei Arcachon
  10. Dune du Pilat bei Arcachon (die längste Wanderdüne Europas)
  11. Weingläser in einem Garten bei St.Emilion
  12. Blick auf den Tour de Laterne und den Tour de la Chaîne, die die Einfahrt in den alten Hafen von La Rochelle bewachen.
  13. Deckenmalerei beim Capitole in Toulouse
  14. Blick auf das Hôpital La Grave in Toulouse
  15. Chateau Chambord bei Blois
  16. Altstadt von Lille

Mit ihnen der Wind

Ich renne davor weg anzukommen,
und renne trotzdem mit Ziel,
mit dem Ziel anzukommen,
anzukommen bei dir.

Ich habe Angst zur Ruhe zu kommen
und doch stresst mich die Eile,
habe mir vorgenommen,
bei dir zu verweilen.

Die Gänse ziehen vorbei
und mit ihnen der Wind,
ein letztes Mal zucken meine Muskeln dabei,
doch ich bin angekommen, wo wir zusammen sind.

Foto: Ralf Vetterle; pixabay.com

Bordeaux

Ich bin betrunken von Bordeaux, der Stadt – nicht dem Wein.
Kann denn ein Ort so wunderschön und lebhaft sein?

Gut eine Woche ist es her, dass ich mit dem größten Koffer, den ich zuhause finden konnte und dem menschengroßen Rucksack Deutschland verließ. Mit dem Auto wurde ich von meiner lieben Mutter nach Brüssel gebracht, dann ging es mit dem Zug nach Paris. Dort hieß es, Metro fahren, weil die Züge von unterschiedlichen Bahnhöfen abfuhren. Voll bepackt in der ruckelnden Metro fiel ich einmal fast auf ein sitzendes Pärchen. Naja, ich schaffte es zum anderen Bahnhof, indem ich mich an zwei mindestens genauso ratlos aussehende Omis hing und kam schließlich in Bordeaux an. Dort ging die beschwerliche Reise allerdings weiter. Nachdem ich mich orientiert hatte und die richtige Straßenbahn ausfindig gemacht hatte, blieb diese auf halber Strecke wegen eines technischen Fehlers stecken (ich dachte, sowas gebe es nur bei der deutschen Bahn). Also latschte ich mit meinem ganzen Haushalt zur nächsten Haltestelle.

Die erste Nacht verbrachte ich noch im Hostel, da mein Apartement nur Wochentags zugänglich war. Allerdings war ich so kaputt von der Reise, dass ich direkt nach dem duschen einschlief.

Gut, dass ich mir meinen Magen am Morgen im Hostel vollschlug, denn als ich im Studentenwohnheim und meinem relativ großen Zimmerchen ankam, funktionierte der Strom noch nicht. Ansonsten war das Zimmer… naja, was hatte ich erwartet. Man sah ihm an, dass es schon einige Jahre von Studenten genutzt wurde. Ein Ort, an dem man sich gerade so gut zuhause fühlen kann, dass man sich wohl fühlt, aber nicht zuhause genug, um für immer dort zu bleiben. Also perfekt. Den offenen Schrank verhängte ich mit einem Strandtuch. Das Bett, dessen Lattenrost aus einer Spanplatte besteht, bedeckte ich mit einem Molltontuch (ganz fein, die Dame). Und tada, was braucht man mehr.

Direkt an diesem Tag fand auch schon die erste Infoveranstaltung für Erasmusstudierende statt, in der versucht wurde uns in die Komplexheit der Fachbelegung einzuweisen, was so mehr oder weniger gut funktionierte. Besser hingegen funktionierte die Infoveranstaltung einige Tage später, in der es um Kultur, Sport und Sprachkurse am Campus ging. Der Campus für Humanwissenschaften (also Soziologie, Anthropologie, Psychologie usw.) liegt übrigens mitten in der Stadt in alten hohen Gebäuden, die aus hellem Sandstein errichtet wurden. In dem einen Innenhof stehen Palmen. Der andere Innenhof ist mit alten blauen Mamorplatten versehen. Mit ein wenig Fantasie, die ich zur Genüge trage, streicht man durch die Gänge eines südlichen Hogwarts.

Auch der Rest der Stadt wird von alten schönen Gebäuden umringt. Die Kathedrale und das Rathaus ragen majestätisch aus dem Stadtbild hervor. Kleine Gassen wirken noch kleiner im Schatten der fünfstöckigen altfranzösischen Häuser mit ihren kleinen Fluren und Wäscheständern vor der Haustür. Gleichzeitig fährt die Straßenbahn über mit Gras bepflanzte Schienen, bei denen ich mich gefragt habe, warum das Gras noch so wunderschön grün ist, wenn selbst in Deutschland die Wiesen der Sahara gleichen. Dann entdeckte ich die Rasensprenger.

Moderne Brücken ergänzen die alten Brücken, über die bräunliche Suppe, die Richtung Atlantik fließt. Breite Fahrradstraßen und Renaturierung auf der anderen Seite des Flusses weisen einen modernen Charakter auf. Unter den Bäumen am Fluss lässt es sich gut lesen, durch die Straßen gut schlendern und in den Bars hoffentlich gut feiern.

Bis demnächst.

Wer…?

Wer darf in Frieden leben?
Wem wird Freiheit gegeben?
Wer ist durch Gerechtigkeit gesegnet?
Wer darf Zukunftspläne hegen?

Wer darf darüber richten?
Wer darf Menschen vernichten?
Wer wird darüber berichten?
Wer wird die Opfer sichten?

Wer wird das Leiden beenden?
Die rettende Botschaft senden?
Wer wird das Blatt wenden?
Ohne Waffen, mit bloßen Händen?

Wird es ein Traum bleiben?
Die Erlösung vom Leiden?
Werden wir alle irgendwann in Freiheit treiben
und der lang ersehnte Frieden bleiben?

Kerze Brennt · Kostenloses Stock Foto (pexels.com)

Diese Verse schrieb ich als ich in meiner Galerie ein altes Gedicht von mir fand. Es war auf einen Kassenbon gekritzelt und ich hatte Mühe die Wörter noch zu entziffern, doch es ging um genau dieses Thema und die paar Worte, die man dazu sagen musste, passten auf einen Kassenbon. Damals schrieb ich die Verse wegen des Flüchtlingslagers in Moria, heute denke ich an die Ukraine. Überall auf der Erde gibt es Kriege. In meinem kurzen Leben gab es keinen Tag, an dem keine bewaffneten Konflikte ausgeführt wurden. Zum Glück nehmen wir die Flüchtlinge aus der Ukraine mit offenen Armen auf, aber viel zu oft hat man in der Vergangenheit darüber diskutiert, statt sie aufzunehmen und Menschen in Kriegsgebiete zurückgeschickt, und warum? Einfach weil sie dort geboren worden sind. Ich habe das Glück, an einem Ort und in einer Zeit aufzuwachsen, in der mein Haus nicht zerbombt wird und ich nicht flüchten muss, andere nicht und trotzdem haben sie das Recht auf Frieden!

Heer

Herren herrschen herrisch über Heere.
Schlagen verheerende Schlachten.
Versprechen eine herrliche Welt.
Brechen ihr Versprechen
und das Heer zerfällt.

Das Heer wird leer,
weil die Menschen untergehen.
Das Sehnen nach Frieden
bleibt liegen
mit jedem Heer, das aufmaschiert.

Meine Gedanken zu diesem kurzen Gedicht muss ich nicht mal mehr erklären, weil jeder weiß, was uns in diesen Wochen beschäftigt. Der Angriffskrieg in Russland ist ein Desaster für die Menschheit und all ihre Werte. Er stützt sich auf falsche historische Begebenheiten und auf Macht.

Meine Gedanken sind bei allen Menschen in der Ukraine. Möge dieses sinnlose Grauen bald ein Ende finden.

Aufbruch

Vielleicht bin ich nur ein kleiner Funke
Und falle ich auf kalten Stein
Ist mein Leuchten schnell versunken,
Erlischt mein heller Schein.

Doch falle ich auf dünnes Holz,
Das sich leicht entzündet,
Entbrenne ich es stolz,
Dass es in heißen Flammen mündet.

Es springt über und es lauert,
Und leckt an dicken Scheiten,
In der Glut kauert
lässt sich von der Hitze leiten.

Wie ein Lauffeuer verkünden wir Ideen,
Und reißen jeden mit,
Die eine Aufgabe für sich sehen.
So zeichnet jeder Schritt
Spuren und hinterlässt eine Botschaft,
Sie spricht von Veränderung
Mit vereinter Kraft
Schaffen wir Erneuerung.

Nur mit bloßer Kraft
Können wir keine Eisenstangen verbiegen,
Erhitzt man sie,
Lassen sie sich an jede Form schmiegen.

Vielleicht bin ich nur ein kleiner Funke
Und falle ich auf Asphalt,
Sind meine Ideen schon ertrunken,
Der Aufbruch, er bleibt kalt.

Doch stoße ich auf hörende Ohren,
Auf sich öffnende Augen,
Entfachen wir ein Toben,
Und stärken unseren Glauben,

Dass wir etwas erreichen,
Denn unser Feuer wird jeder sehen,
Wir werden nicht mehr weichen.
Wir werden nicht mehr gehen.

Vielleicht warst du ein kalter Stein,
Der sich nicht entzünden ließ,
Doch wirst du es für immer sein?
Oder kommst du mit und genießt
Den Aufbruch

Ich denke, jeder von uns hatte schonmal, das Gefühl, viel zu klein zu sein, um große Veränderungen zu bewirken. Bei den riesigen Problemen, die unsere Welt im Moment treffen, fragen wir uns oft: Was kann ich schon tun?

Manchmal ist dabei nicht die Frage, wie viel wir tun, sondern, was genau wir machen, besonders wichtig. Worauf fallen unsere Taten, unsere Funken, um ein feuer des Aufrbuchs zu entfachen?

Lebensquarantäne

Traumlos sind die Nächte,
habe keine Erlebnisse zu verarbeiten,
falle vom Stuhl ins Bett und vom Bett auf den Stuhl,
machmal auf den Balkon,
um frische Luft zu holen.

Ich bin froh,
dass für mich dieser Zyklus
ein Ende hat
und ich nach einer Woche wieder
in die Freiheit kann,
dann kann ich die Sonnenstrahlen genießen
und das Rauschen des Windes,
das Plätschern des Flusses,
das Lachen des Kindes.

Ich bin froh,
dass ich mich nach einer Woche wieder daran erfreuen kann.
Dieser Rhythmus nur eine Phase war,
aber nicht mein Leben bestimmt.

Ich bin dankbar dafür,
denn es ist nicht selbstverständlich.
Es gibt Menschen,
die kämpfen für jede Ausnahme aufzustehen,
rauszugehen,
die Welt zu sehen.
Also vielleicht erst einmal die Straße vor dem eigenen Haus.
Dann die Parkrunde,
die ist mir ja vertraut
und vielleicht setze ich mich auf eine Bank und schaue den Kindern zu,
bin einfach mal glücklich,
einfach mal wie du.

Manche Menschen leben in Quarantäne,
aufgrund von Depressionen oder Ängsten.
Sie sind krank, so wie ich es war,
aber mich verließ das Virus nach kurzer Zeit
und hinterließ keine bleibenden Schäden.
Ihr Virus sitzt tiefer,
hat mehr Zellen befallen,
zwingt sie, im Bett zu bleiben
und sperrt sie ein,
schirmt sie ab
und nimmt sie weiter hinab
in die Spirale nach unten,
sodass sie froh sind,
wenn sie es vom Bett auf den Schreibtischstuhl schaffen,
oder mal auf den Balkon.
An diesem Fortschritt arbeiten sie
Tag für Tag.

Ich bin dankbar,
dass meine Quarantäne endet,
dass ich wieder raus gehen kann.
Ich bin dankbar
und ich wünsche dir,
dass du es eines Tages schaffst.

Die Coronazahlen steigen, während die Angst vor dem Virus weiter sinkt. Die logische Schlussfolgerung: Viele Menschen stecken sich an, sind in Quarantäne und kommen nach einem leichten Verlauf wieder raus. So ging es auch mir letzte Woche. Ich wollte darüber ein Gedicht verfassen, habe mich mit den typischen Quarantänemetaphern aber schwer getan und bin plötzlich in eine ganz andere Richtung geraten. Ich finde es sehr wichtig über psychische Krankheiten zu sprechen, diese zu normalisieren und nicht tot zu schweigen. Eine psychische Krankheit kann jeden treffen, sowie sich jeder mit Corona anstecken kann. Aber im Vergleich zu Corona haben wir keinen Impfstoff dagegen, der die Schwere des Verlaufs einer psychischen Krankheit vermindert. Das kann uns Angst machen. Es widerspricht unserem Glauben an eine gerechte Welt und deswegen suchen wir die Schuld oft bei den Betroffenen oder versuchen die psychische Krankheit herunter zu spielen. Doch das ist der falsche Weg! Viel öfter sollten wir dafür dankbar sein, dass es uns gut geht, physisch und psychisch und die Betroffenen nicht verurteilen.

Mir ist es außerdem wichtig zu sagen, dass nicht jede psychische Krankheit gleich ist. Was ich in diesem Gedicht beschrieben habe, mag auf manche Menschen zutreffen, andere stehen jeden Morgen auf, regeln ihr normales Alltagsleben und leiden trotzdem an einer Depression oder einer anderen psychischen Krankheit. Das gibt uns aber nicht das Recht darüber zu urteilen. Ein gebrochenes Bein bleibt auch ein gebrochenes Bein, egal ob der Patient tagelang im Bett liegt oder versucht seinen Alltag zu meistern.