Uppsala

Habe ich nur wegen des Namens in dieser Stadt einen Zwischenstopp gemacht? Vielleicht. Habe ich mich noch mehr darüber gefreut, als ich erfahren habe, dass es auch Gamla Uppsala gibt? Wir werden es niemals wissen.

In der Nacht wachte ich immer wieder auf, wechselte die Schlafposition von auf dem Rücken liegend auf die Seite aber ansonsten schlief ich sehr gut. Dann frühstückte ich Roggenbrot mit veganem Käse und stieg schließlich um kurz vor neun aus dem Zug aus. In Uppsala suchte ich mir ein Schließfach für den Rucksack und traf noch eine Deutsche, mit der ich zunächst durch die Stadt spazierte. Uppsala scheint zunächst wie eine kleine Stadt vor Stockholm, aber hat an sich viel zu bieten und ist die viertgrößte Stadt Schwedens. Ein großes Schloss eine Universität, die größte Kathedrale Skandinaviens und eine Altstadt. Ich schaute mir zuerst das Schloss an und spazierte dann entlang der Universität durch den botanischen Garten. Ich schaute mir die Kathedrale von innen an (kostenloser Eintritt) und lernte dort etwas über Nathan Söderblom. Er interessierte mich auch nur, weil wir in Kempen eine Söderblomstraße haben. Also für alle, die ihn nicht kennen, er war Relogionswissenschaftler und trug zur Ökumene bei. Außerdem ist er Friedensnobelpreisträger.

Nachdem ich genug über Nathan Söderblom gelernt hatte, machte ich mich auf den Weg nach Gamla Uppsala (Gamla heißt alt, was gar nicht mal so abwegig ist, denn gamlig heißt im Deutschen ja auch nicht mehr neu). Dort erblickte ich eine alte Stadt mit vielen Hügeln, einer alten aber süßen Kirche und mehreren Museen. Dann traf ich noch einen Österreicher, der, wie der Zufall es so will, in St. Johann auf die Tourismusschule ging und umrundete mit ihm die Hügel von Gamla Uppsala.

Schließlich brachte er mich nach Stockholm, wo ich ins Hostel eincheckte und die Freiburger wider traf, aber auch neue Bekanntschaften machte. Wir kochten Nudeln zusammen, ich genoss die heiße Dusche und am Abend machten wir die Straßen von Stockholm noch etwas unsicher.

Ein Abschlussfazit zu Uppsala: Es ist eine sehr schöne Studentenstadt mit einigen Sehenswürdigkeiten, aber eindeutig zu wenig Lebensmittelläden (ich habe keinen gefunden und musste mir deswegen ein Wasser für 3,50€ im Kiosk kaufen). Es hat einen gewissen Amsterdam flair, aufgrund der vielen Fahrräder und Brücken. Ich würde die Stadt jedem weiter empfehlen, der eine offene und gutherzige Stadt erwartet.

Mittwoch 1. September

Zu Fuß über die Grenze

Ich erwachte vom Vogelgezwitzer in dem kleinen Waldstück, das ich mir gestern ausgesucht hatte. Nun sah ich es auch mal im Hellen. Relativ schnell packte ich meine sieben Sachen und wanderte zur Bushaltestelle, an der mich die Busfahrerin gestern rausgelassen hatte. Ich aß noch ein Ei zum Frühstück, kämmte mir die Haare und stieg dann auch schon in den Bus ein, der mich in die Innenstadt brachte. Dort kaufte ich mir Wasser, Brot und Joghurt. Leider hatte es in der Nacht nämlich nicht geregnet, sodass ich kein Wasser hatte. Ich genoss mein Frühstück auf einer Bank vor dem Kriegsmuseum, das ich danach besuchte. Narvik mit seinen reichen Vorkommen von Eisenerz und der Zugverbindung zu Schweden war hart umkämpft und kriegsentscheidend. Erst hielten die Alliierten die Stadt, dann versengten die deutschen Kriegsschiffe die der Alliierten und schließlich eroberten sich die Norweger mit der Hilfe der Alliierten ihr Land zurück. Die Deutschen waren geschlagen.

Im kleinen Museumscafé gönnte ich mir noch einen schwarzen Tee und machte mich dann auf zum Bahnhof, um eine Sitzplatzreservierung vorzunehmen. Dort erfruhr ich, dass der Zug die Grenze nicht querte, wegen Corona. Für einen Moment sah ich mich durch die Berge Narviks stapfen bis ich schließlich schwedischen Boden erreichen würde. Aber es gab ja noch die Ofotenbahn, eine touristische Bahn, die bis nach Björnfjell fährt und wieder zurück. Diese würde ich dann morgen nehmen, über die Grenze nach Schweden laufen und dort den Zug nach Uppsala nehmen. Den Plan für morgen in der Tasche ging ich noch ein bisschen wandern und schaute mir Narvik von oben an. Zwischendurch war es etwas diesig, aber das machte mir nichts aus. In den Bächen füllte ich meine Flaschen, die wieder leer waren und kam schließlich wieder am Bahnhof an, wo ich meinen Rucksack eingeschlossen hatte. Mit Gepäck machte ich mich auf die Suche nach einem Schlafplatz. Ich lief keine fünf Minuten als sich ein großer Park mit Wanderwegen und Birken vor mir auf tat. Vielleicht probiere ich es mal dort, dachte ich mir und fand tatsächlich ein schönes Plätzchen. Ich aß einen Bohneneintopf mit Soja (Trekkingfood) und fotografierte mir die Zutatenliste ab. Vielleicht würde ich es zuhause mal nachkochen. Dann schlug ich mein Zelt auf, das ich mit Steinen befestigte und schlunmerte mitten in Narvik in einem Park.

Am nächsten Morgen erwachte ich kurz vor meinem Wecker und nutzte die Zeit, in der es gerade mal nicht fisselte, um das Zelt einzupacken. Als ich gerade fertig war, fing es tatsächlich an zu regnen und ich flüchtete in ein kleines Unterstellhaus, wo ich mir meinen Porridge zubereitete und das letzte Ei aß. Ich kontrollierte noch mal Schlafplatz und Essensplatz, ob ich auch ja nichts vergessen hatte. Dann machte ich mich auf zum Bahnhof, kaufte das Ticket und stieg in die Ofotenbahn ein. Nun fuhr ich eine gute Stunde an den Fjorden von Narvik und durch hohe bewaldete Berge. Zwischendurch legte sich ein Regenbogen dazwischen und machte den Ausblick perfekt.

In Björnfjell war dann Endstation. Für den Zug, aber auch für mein Handy. 8 Prozent Akku und mein Ladekabel war nicht mehr auffindbar. Perfekt. Dabei hatte ich doch extra kontrolliert, ob ich nichts vergessen hatte. Also fragte ich die Schaffnerin, in welche Richtung die Grenze war und sie zeigte mit dem Arm: „Da“ Okay, dann mal los. Ich war nicht mal vom Bahnhofsgelände herunter, da entdeckte ich zwei junge Bagpacker:innen und fragte sie, ob sie auch über die Grenze wollten. Ja, wollten sie und sie kamen nicht nur aus Deutschland, sondern sogar aus Freiburg und liehen mkr ihr Ladekabel. Glück im Unglück. Gemeinsam folgten wir zunächst einem Wanderweg, der sich aber irgendwann auflöste. Also streuten wir über das Hochland Lapplands zwischen Seen, Blaubeerbüschen und vereinzelten Häusern Richtung Schweden. Nach ein paar Ausrutschern erreichten wir endlich die Straße und dann auch die Grenze. Nach sechs Wochen stand ich schließlich in Schweden.

An einem Supermarkt kochten wir uns Nudeln mit echter Tomatensoße, Zwiebeln und sogar Knoblauch. Die beiden hatten wirklich alles dabei. Es schmeckte delicieus. Mit vollem Magen legten wir die letzten Meter zum Bahnhof zurück, wo der Zug gerade einfuhr und wir unsere Sitzplätze einnahmen. Neben mich setzte sich ein holländischer Rentner und wir unterhielten uns kurz. Für die Nacht suchte ich mir aber einen Doppelsitz auf dem ich schlummerte während der Zug mich durch die tiefsten Wälder Schwedens kutschierte.

Mo. 30.08. Und Di. 31.08.

Das Frühstück -die Hauptmahlzeit des Tages

Zum Frühstück gab es den restlichen Reis von gestern mit einer großrn Portion Rührei. Zuerst habe ich mich gefragt, ob man diese Mahlzeit überhaupt Frühstück nennen darf, aber andere essen auch die kalte Pizza von gestern. Vor allem mit einem Kater schmeckt diese übrigens besonders gut. Geheimrezepte by Hannah. Da es aber zum Mittag- und Abendessen nur Brot geben würde, hatte das Frühstück seine Rechtfertigung.

Die nächste Zeit vertrieb ich mir, indem ich meine Unieinschreibung vorbereitete und die wichtigsten Unterlagen an meinen Bruder schickte. Der darf jetzt für mich den Rest machrn. Praktisch!

Dann wanderte ich eine Stunde durch die Felder und Wälder von Alta zurück zum Zentrum, wo mein Bus auch schon stand. Nun warteten neun Stunden Busfahrt auf mich. Die vertrieb ich mir durch das Planen meiner Reise nach Schweden und durch die Suche nach einer Wohnung in Freiburg.

Für die zwei Umstiege hatte ich jeweils fünf Minuten Zeit. In Deutschland wäre ich niemals in den Bus eingestiegen, hätre ich das gewusst und auch in Norwegen sind die Busse nicht pünktlich. Aber zum Glück warten die Busfahrer ja. Dementsprechend passte alles und kurz vor Narvik fragte ich die Busfahrerin, ob sie mich hier schon rauslassen könnte. Ich fand ein schönes kleines Waldstück schlug im Dunkeln (das erste Mal, dass ich die Stirnlampe brauchte) mein Zelt auf und legte mich schlafen. Wäre es nicht bewölkt gewesen, wäre es eine perfwkte Nacht für Nordlichter gewesen.

Die Kreativität der Steinzeit

Die Stadt Alta hatte mich gepackt. Die Wanderwege und der Fluss vor dem Campingplatz luden zum spazieren gehen ein. Das Altamuseum versprach eine Zeitreise und der Campingplatz einen luxuriösen Aufenthalt. Also entschied ich mich dazu, noch einen Tag länger zu bleiben, denn auch die Busverbindungen nach Narvik sprachen dafür.

Nach einer Stärkung fuhr ich mit dem kostenlosen Fahrrad vom Campingplatz ins Museum. Dort waren due vom UNESCO Weltkulturerbe geschützten Steinritzereien zu sehen. Zuerst eignete ich mir einige Informationen in einer Ausstellung an. Hier in Alta wurden im 20. Jahrhundert Steinritzungen von einem Einheimischen entdeckt. Nach und nach legten Archäologen immer mehr Ritzungen frei. Die Ritzungen sind zwischen 2000 und 7000 Jahre alt, wobei die ältesten Ritzungen weiter oben am Berg liegen und die Jüngsten unten am Ufer zum Meer. Das liegt daran, dass die Gletscher in der Steinzeit so ein starkes Gewicht hatten, dass sie die Erdkruste nach unten drückten. Als sich das Eis zurückzog, hob sich das Land langsam wieder und mit der Zeit „wuchs“ immer mehr Land aus dem Meer.

So vertieft in die großen Mythen der Steinzeitmenschen, deren Glauben, Traditionen und Jagden, wurde ich von Oliver unterbrochen, wie ich später erfuhr, einem jungen Dozenten aus München. Zusammen erkundeten wir draußen den Holzweg, von dem aus man die Steinritzungen beobachten konnte. Wir machten uns einen Spaß daraus, die „Kritzeleien“ zu entziffern und stellten uns besonders die Frage, warum die Menschen damals anfingen zu „zeichnen“. Saßen sie vielleicht nach einer erfolgreichen Bärenjagd auf dem glatten Stein und ließen sich von der Sonne wärmen? Vielleicht viel ihnen ein Stein in die Hand und aus Langeweile begannen sie auf dem anderen Stein rumzuhämmern. Vielleicht kam ihnen dann der Gedanke, die Bärenjagd aufzumalen?

Ich denke, es ist gar nicht so abwegig, dass die Steinzeitmenschen zu „malen“ anfingen. Auch wenn sie oft als primitive Menschen dargestellt werden, besaßen sie Emotionen und Wünsche, was man aus den Funden über Rituale und Glauben sehen kann. Sie unterscheiden sich nicht großartig von uns und wir schreiben und malen auch. Ich verfasse gerade in diesem Moment einen Bericht, ihr habt vielleicht heute morgen die Zeitung gelesen oder seid durch social Media gescrollt. Überall begegnen uns Bilder und Schriften. Wir könnten uns die gleiche Frage wie zu den Steinritzungen fragen: Warum eigentlich? Wir wollen uns mitteilen, Informationen verbreiten, unserer Meinung Ausdruck verleihen oder vielleicht sogar etwas hinterlassen. Klingt es so abwegig, wenn es den Steinzeitmenschen genauso erging? Wahrscheinlich wollten auch sie eine Geschichte verewigen, die sie erlebt haben, andere darüber informieren oder einfach etwas schaffen, das bleibt. Das haben sie geschafft. Nach 5000 bis 7000 Jahren kommen Menschen und bestaunen diese. Wer weiß, wie die Menschen sich in 5000 Jahren über unsere Bücher und Computer in Glasvitrinen beugen.

Neben der Frage, warum die Steinzeitmenschen zu „kritzeln“ anfingen, diskutierten wir über Gott und die Welt. Mir wurden sehr interessante Sichtweisen und Informationen geboten, sowie -zum krönenden Abschluss- noch eine Waffel und ein Tee.

Danach verabschiedeten wir uns. Oliver machte sich mit seinem Rad weiter Richtung Nordkapp. Ich hingegen schaute mir die Ausstellung noch zu Ende an und fuhr dann mit meinem Rad zum nächsten Supermarkt.

Zurück am Campingplatz kochte ich mir in der gut ausgestatteten Küche ein Reisgericht, denn der Reis war in der Küche frei zur Verfügung gestellt worden.

Mit vollem Bauch machte ich mich noch auf einen Verdauungsspaziergang und legte mich schließlich in mein Zelt.

Blick von der Arche Noah

Als ich aus meinem Zelt ligte, schaute mich ein Rentier mit großen Augen an. Dann nahm es ganz schnell Abstand und lief mit seiner Herde davon. Ich nahm meinen „Bunsenbrenner“ und den Topf und bereitete mir hinter einem Stein (einziges windstilles Fleckchen) meinen Porridge zu, den ich mit Blick aufs Meer genoss. Dann machte ich mich gemütlich auf zum Nordkapp, streifte noch etwas durch die Halle und ging nochmal an den nördlichsten Punkt. Gerade in diesem Moment wagte sich ein Regenbogen über die Wolkendecke. Die peitschenden Wellen, die man selbst aus der Entfernung sehen konnte, zusammen mit den paar Sonnenstrahlen, dem Regenbogen und der Wolkendecke malten ein Bild, das aus der Bibel hätte stammen können, als Noah wieder Land sichtete.

Der Wind war anders heftig. Ein paar Mal dachte ich, er haue mich gleich um. Jetzt weiß ich auch, warum da ein Gelämder am Nordkap ist.

Am frühen Nachmittag nahm ich nun den Bus zurück nach Alta. Es ging zurück in den Süden, vorbei an den hügeligen Brachlandschaften und den Fjorden, zurück zu der Haltestelle, an der ich dieses Mal in den richtigen Bus umstieg und nicht zurückfuhr.

Schließlich kam ich in Alta an und machte mich dieses Mal auf den Weg zum Campingplatz. Ich hatte die Möglichkeit eine Stjnde zu laufen oder eine Stunde auf den Bus zu warten. Da lief ich lieber. Bus war ich heute genug gefahren. Nach einer Stunde war ich aber doch froh, den Campingplatz erreicht zu haben und checkte ein. Die Küche war ein Paradies. Töpfe, Besteck, Backofen, ja sogar ein Toster. Diese Küche war besser ausgestattet, als es meine Studentenwohnung wahrscheinlich jemals sein wird. Nach einem sehr leckeren Essen duschte ich noch und legte mich ins Bett. Ich weiß nicht, ob diese paar Kilometer etwas ausmachen, aber hier im „Süden“ ist es wärmer.

71°10’21“

Der Wecker riss mich schon um halb fünf aus meiner Traumwelt. Es war schon ein Stück Überwindung dabei, sich aus dem Schlafsack in die Kälte zu bewegen, aber schließlich trqute ich mich, denn ich hatte ja etwas zu erleben, heute. Also packte ich zusammen und kochte mir meinen Porridge mit dem schwarzen Tee. Um zwanzig vor sieben kam mein Bus und ich stieg ein. Mal wieder weder Strom noch Wlan im Bus, aber die Enträuschung darüber hielt nur kurz bis ich die Landschaft genoss.

Der Bus hielt auf der Strecke zwei Mal an, um Pause zu machen und um den Gästen das umsteigen zu ermöglichen. Das hatte ich aber nicht mitgekriegt. Englische Ansagen über das Busmikrofon sind ungefähr so schwer zu verstehen wie die Radiohörbeispiele in den Englischklausuren. Plötzlich bemerkte ich, dass der Bus einfach wieder zurück fuhr. Richtung Alta! Da kam ich gerade erst her! Meine App hatte mir gesagt, dass der Bus durchfährt. Perfekt. Ein bisschen aufgeregt, fragte ich die vor mir sitzende Person. Sie zeigte mir freundlicherweise, dass ein nächster Bus in vier Stunden fuhr. Also stieg an der nächsten Raststätte aus. Nun hatte ich die Möglichleit vier Stunden auf meinen Bus zu warten oder zu trampen.

Die Version für meine Eltern: ich habe natürlich vier Stunden auf den Bus gewartet.

Die Wahrheit: ich habe einige Menschen angesprochen, ob sie zum Nordkapp fahren. Ein finnisches Paar erklärte sich schließlich bereit, mich mitzunehmen. Super! Zur Sicherheit schickte ich das Nummernschild an meine Freunde. Die Fahrt über unterhielt ich mich lebhaft mit der Frau, die genauso begeistert von der Landschaft war wie ich. Rehntiere überquerten immer wieder die Straße und die Bewaldung der Landschaft nahm ab. Fast quadratische geriffelte Steine sprossen aus dem Boden und ließen so die Landschaft besonders rau wirken. Im letzten Dorf vor dem Nordkapp stoppten wir und die Finnen kauften sich einen Kaffee. Die Frau bot mir einen finnischen Apfel aus ihrem Garten an, der wirklich gut schmeckte. Perfekt, dann habe ich meinen Supermarktapfel noch für morgen.

Endlich war es soweit. Ich stand am nördlichsten Punkt Europas und schaute Richtung Norden auf ein endloses Meer. Ich konnte es noch gar nicht fassen. Aber der Wind peitschte mich zurück in die Realität. Ich verabschiedete mich von dem finnischen Paar und aß zu Mittag. Brot mit Käse mmmh. Dann schaute ich mich in der Nordkapphalle um. Weil ich ohne Auto gekommen war (naja streng genommen, bin ich mit dem Auto gekommen, aber ich brauchte ja keinen Parkplatz), musste ich nichts bezahlen und konnte so den ganzen Luxus genießen. Ein kleines Kino mit einem Film über das Nordkapp, eine Ausstellung über die Geschichte und die berühmten Persönlichkeiten, die das Nordkapp besucht haben und eine Ausstellung mit Licht und Ton, die echt beeindruckend war. Außerdem eine kleine Kapelle (die nördlichste ökomenische Kappelle der Welt und lauter Möglichkeiten sich hinzusetzen. Ich genoss die Wärme und die Windstille, sowie das Wlan und die Steckdosen.

Irgendwann suchte ich mir dann ein schönes Plätzchen für mein Zelt und wurde fündig. Zwar wollte mir der Wind erst einen Strich durch die Rechnung ziehen, aber schließlich stand das Zelt und ich kochte mir Nudeln mit Pesto. Dann machte ich noch einen Abendspaziergang und schaute zu, wie die Sonne unterging.

Die Wahrscheinlichkeit, Nordlichter zu sehen, betrug diese Nacht zwanzig Prozent. Das würde die höchste Wahrscheinlichkeit sein, die ich bekommen würde. Also stellte ich jede Stunde Wecker und lugte aus dem Zelt hervor. Aber leider hatte ich kein Glück. Dafür hatte ich genug Gesellschaft von Rentieren. Die mich neugierig anstarrten während ich mein Abendessen genoss. Schließlich schlummerte ich auf 71°10’21“ nördlicher Breite.

Letzter Stopp vor dem Nordkapp

Beim Frühstücken und packen ließ ich mir Zeit. Die habe ich schließlich genug. Ich duschte auch nochmal, bevor ich den Campingplatz verließ, denn man weiß nie, wann man das nächste mal duschen kann. Schließlich machte ich mich auf in die Stadt und schaute mir noch die Universität an. Wäre Norwegen nicht so teuer, würde ich mein Auslandssemester direkt hier machen.

Dann kam auch schon der Bus. Jetzt standen mir sechs Stunden Busfahrt bevor. Aber ich dachte mir, dass ich die Zeit nutzen kann, um zu schreiben, zu lesen oder Podcasts zu hören. Doch sobald der Bus los fuhr, konnte ich meine Blicke nicht auf dem Laptopbildschirm lassen, sondern musste aus dem Fenster schauen. Ich hätte ja gedacht, im Norden wird es karger, aber die Berge sind immer noch bewaldet, wenn auch ab und zu mit Schnee bedeckt. Der Bus nahm zwei Fähren, auf denen wir uns die Beine vertreten durften und die wunderschöne Landschaft bestaunen durften. Nun kam in mir wirklich das Gefühl der Freiheit und des Aufbruches auf. Bald würde ich am Nordkapp sein.

Um kurz nach elf kam der Bus schließlich in Alta an. Ich sprang noch kurz in einen Supermarkt, da dieser morgen früh zu haben würde und es am Nordkapp nicht die größte Auswahl an Supermärkten gab. Dann machte ich mich auf die Suche nach einem Schlafplatz. Erst versuchte ich es im Stadtpark, der von Birken umgeben war, aber das Gras war so hoch, dass ich mich hätte durchkämpfen müssen. Schließlich fand ich ein schönes Plätzchen nahe einer Straße, die aber durch einen Grünstreifen und einen Fahrradweg abgetrennt war. Hier baute ich mein Zelt für die fünf Stunden Schlaf auf und schlummerte auch schon ein.

Das Tor zur Arktis

Ich glaube, ich habe noch nie so viel über die Arktis gelernt wie an diesem Tag.

Diese Nacht schlief ich wirklich sehr gut. Ich weiß auch nicht, was das ist. Einige Nächte sind frisch, dann gehts aber wieder. Vielleicht muss ich mich einfach an das Wetter gewöhnen und wenn ich dann nach Deutschland zurückkomme, kriege ich nen Hitzekollaps.

Nach einem entspannten Frühstück, machte ich mich auf in die Stadt und besuchte das Polarmuseum. Für Studenten kostenfrei, wuhu, da haben sich meine zwei Semester Germanistik und Linguistik aber ausgezahlt. Das Museum stellte die ersten Jagden auf Spitzbergen aus. Menschen, die sich mit Speeren Eisbären entgegenstellten. Die ersten Personen, die in dieser Eiskälte überwinterten und ihre Tagebucheinträge waren ebenfalls dargestellt, sowie eine Austellung über Roald Amundsen, einen gefeierten Polarforscher, der als erstes die Nordwestpassage durchquerte und als erstes den Südpol erreichte.

Danach besuchte ich das Polaria, das eine Mischung aus Aquarium und Museum darstellte. Als Einstieg diente ein Film über die Aurora borealis (die Nordlichter). Zusammenfassung: im Inneren der Sonne ist es so heiß, dass Wasserstoffatome zu Heliumatome reagieren (Klugscheißerwissen: Helium kommt von Helios, was im Griechischen Sonne bedeutet, denn Helium ist das einzige Element, das außerhalb der Erde entdeckt wurde). Das setzt Energie frei. Daraus entstehen unter anderem Sonnenstürme, die sich mit rasanter Geschwindigkeit durchs Weltall bewegen. Nach einigen Stunden treffen sie auf der Erde auf die Atmosphäre und das Magnetfeld. Dies sehen wir dann am Himmel als Nordlichter. Es ist übrigens gar nicht mal so unwahrscheinlich, dass in den nächsten Tagen Nordlichter zu sehen sind. Vielleicht habe ich ja Glück.

Nach diesem Einstieg, ging es mit Fakten über die Arktis und vor allem der Veränderung durch den Klimawandel weiter. Leute, es ist wirklich ernst! In den letzten 60 Jahren schrumpfte die Arktis um 40%. Wenn die Arktis irgendwann komplett eisfrei ist, steigt der Meeresspiegel um 43 Meter und damit tschüss Niederrhein. Klar, das sind alles drastische Zahlen und es passiert nicht von heute auf morgen, aber klar ist auch, dass wir jetzt noch etwas tun können, bevor sogenannte Kipppunkte erreicht sind.

Vom Klimawandel und seinen Folgen folgte ich den Pfeilen ins Aquarium und beobachtete Fische, Seealgen und Seesterne. Einige durfte ich sogar anfassen. Schließlich kam ich auch zum Highlight den Robben und der Robbenfütterung. Die Tiere machten Kunststücke, Rollen und gaben den Tierwärtert High Fives. Auf der einen Seite wirkt es spektakulär und beeindruckend, was Tiere alles lernen können. Auf der anderen Seite sieht man dadurch, dass diese Robben eben auch intelligente Lebewesen sind und hinterfragt ihren Aufenthalt im Aquarium. Mir hat diese Fütterung aber nochmal vor Augen geführt, dass Hunde nicht die einzigen Tiere sind, die etwas lernen und dass es zwischen Hunden und Robben gewisse Ähnlichkeiten gibt. Wahrscheinlich stammen sie sogar vom gleichen Tier ab, aber das sage ich jetzt ohne Gewähr.

Auf dem Rückweg traf ich die Schweizerin, mit der ich wildcampen war. Sie übernachtet bei einem Host und deshalb lud sie mich zum Essen ein. Da sagte ich nicht nein. Also kochten wir gemeinsam ein Thai Curry. Brokkoli, Möhren, Paprika, Kokosmilch, so viel Abwechslung und Vitamine. Daran musste sich mein Magen erst mal wieder gewöhnen..

Nach einem schönen Abendspaziergang liege ich nun wieder im Zelt und teäume wahrscheinlich von der Arktis.

Pulsierende Stadt des Nordens

Während es draußen ein wenig fisselte, packte ich meine Sachen zusammen und warf einen letzten Blick auf mein heutiges Schlaflager. Über dem See stand noch etwas Nebel und die Wiese war nass. So auch meine Hose, nachdem ich mich durch das Dickicht zur Bushaltestelle gekämpft hatte.

Der Bus brachte mich zum Hafen. Die Toilette am Busterminal kam mir für meine ach so aufwendige Morgenroutine sehr gelegen. Danach frühstückte ich und machte mich schließlich daran Finnsnes zu erkunden. Leider gab es in Finnsnes nicht so viel zu erkunden und der Regen setzte wieder ein, sodass ich in einer halben Holzhütte zu Mittag aß. Dort gesellte sich ein Mann dazu, der mir erst einmal eine Kippe anbot. Ich lehnte dankend ab.

Eigentlich hatte ich die Fähre nach Tromsø nehmen wollen. Die wäre aber erst um 18 Uhr gekommen. Also entschied ich mich dazu, den Bus zu nehmen.

Nach einer Busfahrt durch immer kahler werdene Landstriche und Berge, die auch weiter unten noch schneebedeckt sind, kam ich in Tromsø an. Mein erster Eindruck war eine sehr moderne Kirche und ein gemütlicher Campingplatz. Ich brauchte aber natürlich noch einen zweiten Eindruck. Also machte ich mich auf in die Stadt.

Tromsø wird in meinem Reiseführer „die pulsierende Stadt des Nordens genannt“ und es stimmt. Hier ist echt Leben drin , vor allem wenn man die letzten Tage nur in kleinen Dörfern gewesen ist. Außerdem hat Tromsø zur Bevölkerungsanzahl gesehen, die meisten Kneipen Norwegens. Tja, wäre der Alkohol nicht so teuer… Die Gebäude Tromsøs sind ganz niedlich. Hier und da alte Holzbauten, Pavillons und Kirchen. Allerdings wirken sie nicht wirklich beeindruckend. Die Festung steht mitten in der Stadt und besteht aus drei gelben Holzhäusern. Dahingegen wirkt die Schule mit einem großen gelben Holzkomplex fast majestätisch.

Ich machte mich auf den Heimweg. Für heute hatte ich genug gesehen. Auf dem Campingplatz gönnte ich mir eine heiße Dusche und eine Waschmaschine. Danach kochte ich ein zwei Gänge Menü. Als Vorspeise gab es eine Gemüsebrühe und danach Nudeln mit Pesto.

Nach dem Essen unterhielt ich mich noch lange Zeit mit einem Mädchen vom Bodensee, die mit dem Rad unterwegs ist und kuschelte mich dann in meinen Schlafsack.

Zurück auf dem Festland

Die Nacht war etwas frisch. Meine Füße wollten einfach nicht warm werden. Vielleicht kaufe ich mir in der nächsten großen Stadt noch ein Paar gute norwegische Socken und Handschuhe. Handschuhe im August kaufen, wer kennts nicht? Dann machte ich mich gemütlich auf, meinen Porridge zu kochen und frühstückte gemeinsam mit der Schweizerin. Sie bepackte schließlich ihr Fahrrad, während ich in aller Ruhe meine Sachen zusammenräumte. Danach wollte ich an der Tanke ein Feuerzeug kaufen, weil meine Streichhölzer ja feucht waren, sber die Tankstelle war einfach nur eine Zapfsäule. Mehr nicht. Egal, so wanderte ich halt ohne Feuerzeug los. Vorbei an einer leerstehenden Schule, in der nur ein einsamer Mann im Keller trainierte, stieg ich durch bewaldete Stücke, über einige Steine und entlang von matschigen Gebieten.

Als ich wieder unten war, war ich sichtlich erschöpft und wartete an meinem Übernachtungsplatz auf den Bus. Ich lief ein paar Mal die Stufen hoch und runter, um mich warm zu halten und las das Wahlprogramm der Grünen zur Bundestagswahl. Denn pünktlich zur Wahl bin ich ja wieder zurück. Dann kam der Bus mit der ersehnten Wärme und Strom und brachte mich nach Finnsnes. Die ersten Kilometer hatte ich mal wieder einen wunderbaren Ausblick auf das Meer und kleine zerklüftete Inseln.

Nun war ich in Finnsnes und damit zurück auf dem Festland. Ich wartete im Busterminal auf meinen nächsten Bus, der mich zum Campingplatz bringen sollte. Dieser Campingplatz hatte allerdings schon seit 7 Uhr geschlossen. Also schlig ich mein Zelt auf der anderen Seite der Straße an einem See auf. Nun liege ich sehr müde im Zelt und werde wahrscheinlich trotz der relativ lauten Straße gut schlafen können.