Die raue See

Mir ist aufgefallen, dass meine letzten Blogbeiträge alle mit „Heute Morgen “ beginnen. Deswegen starte ich heute mal anders.

Heute Abend habe ich ein sehr leckeres Thai Curry gegessen. Trekkingnahrung versteht sich. Zusammen mit einer Schweizerin, die ich vor einigen Tagen schon mal auf einem Campingplatz getroffen hatte, bin ich in Gryllefjord angekommen. Dort machten wir uns auf die Suche nach einem schönen Plätzchen zum Nächtigen. Nach ein zwei Kilometern fanden wir einen See, mit Bänken, Mülltonnen und sogar einer öffentlichen Toilette. Besser konnte es ja nicht kommen. Wir machten noch ein wenig Yoga und gingen dann km See schwimmen. Es war wirklich wirklich kalt, aber danach fühlten wir uns besser und aßen unsere wohl verdiente heiße Mahlzeit.

Die Fährfahrt von Andenes zum Gryllefjord war alles andere als angenehm. Am Anfang lachten wir noch über das Schaukeln. Das Bild am an der Wand der Fähre schwankte hin und her und wenn man aud dem Fenster schaute, sah man zuerst das Meer und nach einigen Sekunden nur den Himmel. Nach einer halben Stunde verging uns das Lachen. Ich legte mich auf die Bank, schloss die Augen und schlief zu einem Hörspiel ein. Ich erwachte erst wieder, als das Hörspiel zuende war und das Boot den Hafen erreichte. Perfektes Timing.

Die Stunden vor der Fährfahrt wollte ich mir eigentlich im Walmuseum vertreiben. Allerdings fand ich das Gebäude nicht und so beschloss ich den Leuchtturm zu besteigen. Meinen Rucksack durfte ich freundlicherweise unten abstellen. Oben erwartete mich ein gigantischer Anblick. Auf der einen Seite die Stadt, dahinter spitze Berge, die aus den Wolken ragten und vor mir das raue Meer mit vielen kleinen Inseln. Ich stieg erst wieder ab, als es zu fisseln anfing. Im Leuchtturm unterhielt ich mich noch eine ganze Weile mit dem jungen Mann am Ticketverkauf. Bis wir schließlich von einer Frau darauf hingewiesen wurden, dass hier gleich eine Hochzeit stattfand und wir entweder jetzt oder in einer Stunde runter gehen sollten. Also verabschiedeten wir uns und ich machte mich noch auf in die drei kleinen Museen, die im Leuchtturmticketpreis inklusive waren.

Durch das erste Museum führte mich ein Mann auf Youtube mit englischen Untertiteln. Es handelte von den Seefahrern von Andøya (der Insel, auf der sich Andenes befindet), einem Musiker Geir Laupstad, dessen Musik echt gut ist, der Eisenzeit und vielem mehr.

Das zweite Museum war eine Ansammlung lauter Dinge, die im Meer gefunden wurden. Sehr interresant. In der alten Hütte versprühte es seinen ganz eigenen Charme. Genauso wie das dritte Museum, eine alte Fischerhütte, in der alte Fischerboote ausgestellt wurden. Ich konnte mir in keinster Weise vorstellen, damit auf See zu gehen. Erst Recht nicht, nachdem ich auf der Fähre seekrank geworden bin. Das Fischerhaus hatte noch einen zweitem Stock, wo einige Bänke standen. Die nutzte ich zum Mittagessen.

Diese Museen besaßen nicht den größten Plunder und erzählten nicht die unvergesslichsten Abenteuer, aber sie gaben den Besuchern einen hautnahen Einblick in ein Leben in Andenes.

Ich will gar nicht wissen, wie die Fährfahrt bei starkem Wind aussieht

Auf nach Andenes

Heute morgen machte ich mich in Ruhe auf und zurück in die Stadt. Ich erkundete noch ein wenig das spektakuläre Sortland, betrachtete die Kirche und den Hafen. Dann spazierte ich zum Einkaufszentrum, wo sich ein Sportoutlet befand. Dort kaufte ich ein Handtuch, damit ich mich die nächsten Tage nicht mehr mit meinem Baumwollkleid abtrocknen muss. Obwohl das wahrscheinlich der größte Nutzen war, den mir das Kleid hier erbringen wird. Bei den Temperaturen denke ich nicht mal im Traum daran, es anzuziehen.

Danach machte ich es mir auf einer Bank im Einkaufszentrum bequem und schrieb ein wenig, solange bis mein Magen knurrte und ich mir einen Joghurt kaufte. Den aß ich genüsslich im Busterminal zusammen mit etwas Brot.

Nun war es auch schon so weit und der Bus kam auf die Einfahrt gedüst. Über eine lange Brücke nahm ich Abschied von Sortland und folgte den Wiesen, Bergen, aber vor allem dem Meer nach Andenes. Auf dem Weg sah ich überings auch zwei Elche, die in Ruhe auf der Wiese grasten.

In Andenes wollte ich den Campingplatz mitten in der Stadt ausfindig machen. Der war aber nicht mehr vorhanden. Also lief ich noch eine halbe Stunde zum Campingplatz, der etwas außerhalb liegt. Zumindest waren meine Füße jetzt wieder warm. Beim Zeltaufbau musste ich die Heringe als erstes einschlagen, weil sonst alles weggeflogen wäre. Auch jetzt peitscht der Wind noch dramatisch an die Zeltwände, aber das stört mich nicht spnderlich. Ich werde trotzdem gut schlafen können.

Ein Kleid eignet sich als Handtuch

Heute morgen war es soweit. Ich musste das erste Mal mein Zelt im Regen abbauen. Sagen wir mal so, es war eine nasse Angelegenheit. Aber eigentlich ging es ganz gut, da ich das Innenzelt zuerst zusammenbaute und es so von den dicken Regentropfen verschont blieb. Ich frühstückte zusammen mit einem Mädchen aus Paderborn. Sie hat wie ich letztes Jahr Abitur gemacht und auch ein „Zwischenstudium“ angefangen, weil es ihr ähnlich ging wie mir. Durch Corona konnte man nicht reisen und man wollte auch nicht wirklich anfangen online zu studieren. Der Unterschied zu mir: Sie fängt jetzt das gleiche Studium nochmal an, weil es ihr so Spaß gemacht hat.

Dann nahm ich den Bus nach Fiskebøl, von wo aus ich die Fähre bestieg. Wieder einmal musste ich nichts bezahlen. Also ich kann nur jedem empfehlen, ohne Fahrzeug in Norwegen Fähre zu fahren. Mit Fahrzeug ist es, glaube ich, teuer.

In Melbu angekommen, überlegte ich, was ich hier machen könnte und nahm direkt den nächsten Bus nach Sortland. Sortland wird auch die blaue Stadt genannt, weil sie zum Jahrtausendwechsel viele Häuser blau malte. Ansonsten ist die Stadt aber nicht wirklich besonders. Ich schlug mein Zelt auf einem Campingplatz auf. Nach einem guten Mittagessen, wanderte ich mal wieder hinter dem Campingplatz los. Der Wanderweg war echt schön und ich erklomm die Spitze des nahegelegenden Berges. Von dort aus hatte man einen gigantischen Ausblick.

Nachdem ich wieder am Campinplatz war und mir den Magen voll geschlagen hatte, wollte ich eigentlich duschen. Von meinem Handtuch fehlte allerdings jede Spur. Ich hatte es auf dem letzten Campingplatz vergessen. Anscheinend hatte ich meine Wäsche vom Ständer genommen, das Handtuch aber nicht. Also suchte ich mein bestes Baumwollkleidungsstück raus (ein Kleid) und trocknete mich damit ab. Das ging erstaunlich gut, aber ich kaufe morgen trotzdem ein Neues. Schließlich gehörte es nicht mir und ich muss es meinem Vater noch zurück geben.

Dieses Missgeschick konnte meine Laune aber nicht runter ziehen, schließlich hatte ich mal eieder eine wunderschöne Landschaft gesehen und irgendwas verliert man auf Reisen immer.

Die Aussicht

Im Kreis

Heute morgen faltete ich das Zelt zusammen und aß auf einem Stein direkt am Meeresufer meine Scheiben Brot. Dann machte ich mich auf zur Bushaltestelle. Ich stellte mich extra ein paar Meter weiter an die Hauptstraße, weil ich Angst hatte, dass der Bus einfach vorbei fahren würde (keine Ahnung, woher diese Angst kommt). Doch dann kam der Bus von der anderen Seite und ich rannte – erstaunlich schnell mit 15 Kilogramm auf dem Rücken – zurück zur Bushaltestelle. Mein Sprint zahlte sich aus und ich saß mit den letzten drei Prozent Akku im Bus. Zum Glück gab es eine Steckdose.

Nach einer halben Stunde Fahrt kam ich in Svolvær an. Die Stadt an sich hatte nicht viel zu bieten. Mein Reiseführer fand dafür die passenden Worte: „Den Zauber der Lofoten findet man woanders.“ Den Zauber hatte ich schließlich schon gespürt. Nun stiefelte ich hinauf zum Campingplatz, wo ich mein Zelt wieder aufschlug. Direkt hinter meinem Zelt konnte ich einen Trampelpfad sehen. Da ich eh noch eine Wanderung machen wollte, folgte ich diesem. Es ging an Steinwänden entlang, durch hohes Dickicht und durch Nadelbaumwälder. Ich folgte dem Weg. Irgendwann sah ich in der Ferne den Hochseilgarten vom Campingplatz, der sich neben meinem Zelt befand. Perfekt! Ich war im Kreis gelaufen.

Also doch lieber mit Komoot (meiner Wanderapp). Ich lief ein Stück über die Straße, dann an einem Flüsslein entlang und über viele Holzstege, um zu der schönen Holzbrücke zu gelangen. Nur leider war da keine Holzbrücke mehr. Also kam ich nicht über den See. Ich versuchte noch ein paar Meter entlang am See zu laufen, doch irgendwann hörte der Trampelpfad auf und ich kehrte um. Auf dem Rückweg traf ich noch ein Paar aus Stravanger, die mich vom Campingplatz ins Zentrum mitnahmen. Gerade jetzt fing es an zu regnen. Gut, dass ich umgekehrt war. Im Rema kaufte ich Kartoffeln ubd Gemüse ein, denn der Campingplatz hatte eine gut ausgestattete Küche. Dort bereitete ich eine Gemüsepfanne zu, von der wahrscheinlich auch drei Personen satt geworden wären. Ich dachte, vielleicht hab ich dann noch was zum Frühstück, aber am Ende ging doch alles weg.

Den Abend verbrachte ich mit zwei Studenten aus Zürich und einem weiteren schweizerischem Paar. Es war sehr amüsant, auch wenn ich nicht immer alles verstand.

Die Busse und das Glück

Heute morgen verließ ich die Insel Flakstadøy und fuhr mit dem Bus nach Vestvagøy. Dabei musste ich einmal in Leknes umsteigen. Je näher wir dem Ziel kamen, desto sicherer war es, dass ich den Anschlussuug nicht bekommen würde. Hinter mir diskutierten zwei Deutsche auch schon darüber. Ich schloss mich ihrem Gespräch an und wir kamen in Leknes an. Der Anschlussbus wartete allerdings auf unseren Bus und so klappte doch noch alles. Die Deutschen wollten auch ins Wikingermuseum. Dort ließ uns der Bus dann auch raus. Auf einem kleinen Hügel erstreckte sich nun das größte je gefundene Langhaus der Welt und das, im Vergleich dazu, klein aussehende Museum.

Mit einem Audioguide erforschte ich nun die Ausstellung, die vom Wikingerleben erzählte. Welche Rituale hatten die Wikinger?Warum war Reichtum wichtig? Wer hat in der Ehe das Sagen? Diese Fragen beantwortete die Ausstellung und ich werde sie auch beantworten, schließlich kann ich ja nicht einfach Fragen in den Raum stellen und euch ubbefriedigt stehen lassen.

Die Wikinger hatten drei Hauprituale. Eines zum Herbstbeginn, eines um die Zeit von Weihnachten und eines im Frühling. Dabei wurden Tiere geschlachtet, viel gegessen und getrunken. Die Rituale dienten, um die Götter zu ehren und sich in ihre Gunst zu stellen. Manchmal fanden außerhalb dieser großen Riten auch kleinere Riten in den einzelnen Familien statt.

Der Wikingerfürst zeigte seinen Reichtum durch Waffen, Schmuck und andere kostbare Rohstoffe. Diese waren wichtig, um den Untertanen zu zeigen, dass Geld vorhanden war und sie bei ihrem Fürsten in Guten Händen waren.

Der Vater wählte für die Tochter meistens den Ehemann aus. Allerdings waren Frau und Maann und ihre Territorien in der Ehe gleichgestellt, was häufig zu Problemen unter den einzelnen Stämmen führte. Wenn die Ehe allerdings nicht funktionierte, konnte die Frau die Scheidung verlangen (der Mann wahrscheinlich auch, aber das haben sie nicht gesagt).

Weiter ging es mit der Geschichte, wie das Langhaus entdeckt wurde. Ein Bauer stieß in den 80er Jahren beim Flügen auf lauter kuriose Gegenstände. Das Langhaus wurde freigelegt.

Danach schaute ich mir noch einen Film über Olaf, dem Fürsten des Langhauses, an, der Norwegen verließ und nach Island segelte, weil der Frieden bedroht war.

Nun ging es aber endlich ins Langhaus. Fünf Räume, die gemütlich und authentisch eingerichtet waren, zeigten das Leben der Wikinger damals. Hier webte eine Frau Kleidung, dort hing Stockfisch von der Decke und weiter entfernt hätte man sich fast in das gemütlich aussehende Bett legen wollen.

Der Magen knurrte und ich aß ein paar Schnitten Brot. Wieder traf ich ein deutsches Paar, das sich fragte, was sie noch sehen müssen. Ich empfahl ihnen das Wikingerschiff und traf sie dort später wieder. Ein Mann mit langem Bart und Haar erzählte auf dem Schiff, in das wir selbst hineinkletterten, wie er sein eigenes Schiff gebaut hat und seine eigenen Schuhe genäht hat. Es war schon beeindruckend. Normalerweise fahren sie auch mit dem Schiff über den See, aber nur im Sommer und August ist wohl kein Sommer mehr.

Nachdem wir so viel gelernt und gesehen hatten, mussten auch die Muskeln einmal trainiert werden. Also ging ich zusammen mit dem deutschen Paar zum Axtwerfen und Bogenschießen. Sagen wir es mal so, es war sehr witzig. Das Bogenschießen klappte sogar relativ gut. Mit der Axt hätte ich vor tausend Jahren wahrscheinlich kein Wildschwein erlegt, wahrscheinlich nichtmal eine Maus. Auch beim Hufeisenwerfen hatten wir nicht so viel Glück.

Schließlich verabschiedeten wir uns jnd icv wartete auf meinen Bus, nur leider an der falschen Stelle. Ich stand nämlich dort, wo die Touristenbusse am Museum parkten. Also fuhr der Bus einfach an mir vorbei. Super gelaufen! Das hieß für mich, vier Stunden auf den nächsten Bus warten. In einem kleinen Bushäuschen vertrieb ich mir die Zeit, telefonierte ein bisschen und schrieb ein wenig. Ich kochte mir mein Abendessen und schließlich kam der Bus. Freudig stieg ich ein und wartete auf meinen Stopp an einem Campingplatz. Ich drückte auf den Knopf, aber der Bus fuhr einfach weiter. Super! Wofür gibt es denn diese Knöpfe? Ich drückte nochmal drauf und stellte mich extra hin. An der nächsten Haltestelle hielt der Bus und ich wollte mich schon aufmachen, den ganzen Weg zurück zu laufen, aber ich fand auf Google Maps einen Campingplatz nur zwei Meter entfernt. Naja Campingplatz ist übertrieben. Einen Toilettenwagen und die Erlajbnis hier zu Campen, dafür eine wundrbare Aussicht und das ganze kostenlos. Besser kann man es nicht haben. Da ich schon gegessen hatte, putzte ich mir die Zähne, schaute der Sonne zu, wie sie hinter den Bergen verschwand und legte mich ins Zelt.

Plötzlich am Mittelmeer?

Heute morgen verließ ich die Insel Moskenesøy und fuhr mit dem Bus zur nächsten Insel Flakstadøy. Ja, ich weiß, ich komme mit diesen Namen auch noch nicht zurecht. Aus dem Fenster beobachtete ich die atemberaubende Landschaft. Vor allem das kleine Dörfchen Reine ist einen Besuch wert. Dort ragen, ähnlich wie in Å, rote Holzhütten aus dem kristallklaren Wasser. Für mich ging es weiter nach Ramberg. Endlich ein Name, den man sich merken kann. Einen deutscheren Namen konnten sich die Bewohner wahrscheinlich auch nicht ausdenken. Dort gab es endlich einen Supermarkt, in dem ich mir mein Mittagessen und Abendessen für die nächsten zwei Tage einkaufte. Nun wollte ich eigentlich zu Fuß nach Flakstad laufen (weil dort kein Bus hinfährt) und dort mein Lager auf einem Campingplatz aufschlagen. Aber als ich gerade losgehen wollte, leuchtete vor mir in Rot eine Rezeption auf. Spontan entschied ich mich in Ramberg zu bleiben. Der Campingplatz liegt direkt am Meer. Deswegen pfiff mir der Wind gehörig um die Ohren. Beim Zeltaufbauen hatte ich so meine Probleme, aber eine hilfsbereite Frau half mir, sodass das Zelt nachher sicher im Boden verankert war.

Nun machte ich mich doch zu Fuß auf nach Flakstad, aber mit leichterem Gepäck. Als erstes lief ich über den Strand von Ramberg. Der fast weiße Sand und die türkisfarbenden Wellen, ließen einen fast vergessen, dass man sich nördlich des Polarkreises befand. Es hatte schon eher Mittelmeerfeeling. Nur die Temperatur und der Wind holten einen in die – wortwörtlich – eiskalte Wirklichkeit zurück. Als der Sandstrand endete, lief ich über Steine entlang ser Küste. Mich beeindruckte vor allem die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt. Hier und dort sah ich Muscheln, die ich noch nie gesehen hatte. Sie glänzten in Grün oder Violett. An anderer Stelle lagen die Reste einer Krabbe, wohl ein leckeres Möwenfrühstück.

Weiter ging es durch hohe Wiesen, vorbei an einigen, sehr modernen Häusern bis zum Strand von Flakstad. Hier trauten sich einige Menschen mit Neoprenanzügen ins Wasser und surften auf den Wellen. Also vielleicht doch Hawaii?

Ich nahm den gleichen Weg zurück und tauchte auf dem Rückweg auch nochmal die Füße ins Wasser. Man sagt ja, das Wasser an den Lofoten hat ein milderes Klima aufgrund des Golfstroms. Davon habe ich jetzt nicht so viel gemerkt. Umso angenehmer war dann die heiße Dusche und das warme Abendessen.

Å – der letzte Buchstabe im norwegischen Alphabet und das schönste Dorf der Lofoten

Da ich mich dazu entschieden hatte, noch eine weitere Nacht auf dem Campingplatz zu bleiben (zur Beruhigung meiner Eltern), frühstückte ich entspannt. Danach machte ich mich auf zum Bus, der mich nach Å bringen sollte, dem südlichsten Dorf von Moskenesøy (eine Insel der Lofoten). Die App akzeptierte meine Kreditkarte allerdings nicht und der Busfahrer wollte mir kein Ticket verkaufen, meinte aber, dass ich trotzdem mitfahren soll. Schließlich waren es auch nur zehn Minuten bis ich aus dem Zug hopste. Meine Füße trugen mich direkt ins kleine Fischerdörfchen. Rote Holzhütten ragten auf Stelzen aus dem kristallklaren Wasser. Vor mir erstreckte sich eine Idylle, die man so nur von Postkarten kennt oder vom Titelbild meines Reiseführers. Ich spazierte über eine lange Holzbrücke, vorbei an weiteren Hütten, die als Hostels und Museen genutzt wurden. Dann startete ich meine Wanderung. Es ging vorbei an Holzgestellen, die die Fischer noch heute nutzen, um den hier so bekannten Stockfisch herzustellen. Der Kabeljau wird an Stöcke gehängt und dann ausgetrocknet. So ist er lange haltbar. Weiter ging es über Holzwege, Steine, kleine Pfade inmitten von Sträuchern und Bäumen und über wirklich sehr matschige Wiesen. Aber in jedem Moment war ich umgeben von einer wunderschönen Landschaft. Eigentlich hätte ich die ganze Zeit stehen bleiben können, Fotos schießen können und vor Staunen den Mund nicht mehr zu bekommen. Ich traf einige Wanderer, unter anderem ein Ehepaar aus Dresden, das mich direkt auf Deutsch ansprach und mit dem ich mich eine Weile unterhielt (sehe ich so deutsch aus? :-)). Dann kam ich zum roten Sandstrand und kurz in Versuchung Schwimmen zu gehen, aber die Sonne war hinter einer Wolkendecke verschwunden (dabei hatte ich mich heute extra eingecremt, mit Sonnencreme und Zeckenspray). Weiter gings. Manchmal suchte ich ein wenig den Weg manchmal wich ich viel zu matschigen Wiesen aus (ich würde sie als Sumpf bezeichnen). Als ich schließlich zurück im Dorf war, waren meine Schuhe nicht mehr blau, sondern braun.

Nun überlegte ich, ob ich noch das Fischereimuseum besuchen wollte oder lieber zum Aussichtspunkt lief. Ich entschied mich für die zweite Option. Nur zehn Minuten Fußmarsch und ich hatte die Aussicht auf den Ozean, Berge, Buchten und die südlichste Insel der Lofoten, Værøy. Ich machte es mir auf einem Stein bequem und möhnte (sauerländisches Wort für einfach irgendwo hinzuschauen, ohne etwad zu fokussieren) auf das Meer hinaus.

Doch plötzlich schaute ich genauer hin. Was war da gerade aus dem Wasser aufgetaucht? Nur wenige Minuten später, nochmal. Zwei dunkle Walflossen tauchten auf und wieder ab. Zehn Minuten schaute ich aufs Meer und konnte mein Glück kaum fassen. Ich hatte also die richtige Entscheidung gefällt. Dann recherchierte ich ein wenig im Internet und fand hersus, dass es vor den Küsten der Lofoten nur so von Zwergwalen wimmelt. Die Beschreibungen passten perfekt. Ich bin kein Meeresbiologe und mir deswegen auch nicht ganz sicher, aber es war immer mein Traum, Wale oder Delfine in freier Wildbahn zu sehen und den habe ich mir gerade erfüllt, auch wenn es nur zwei Rückenflossen waren.

Über das Europäische Nordmeer

Für heute hatte ich zwei Optionen. Entweder hätte ich die Fähre um sieben Uhr genommen (dafür hätte ich dann spätestens um fünf Uhr aufstehen müssen) und wäre noch zur Insel VærØy gefahren oder ich hätte die Fähre um elf Uhr genommen und direkt auf Moskenesoy gelandet. Ich entschied mich für die zweite Option, weil so früh kein Bus zum Kai fuhr.

Nachdem ich alles gepackt hatte, meinen Porridge und die zweite Avocado gegessen hatte und zum Kai gelaufen war, stellte ich mich in die Schlange für die Passagiere. So hatte ich es gestern beobachtet. Anscheinend wirkte ich so als kannte ich mich mit der Fähre erstklassig aus (ich hab einfach nur gehofft, dass alles klappt), sodass eine junge Italienerin auf mich zu kam und sich bei mir erkundigte. Es stellte sich heraus, dass sie fast siebzehn war und zusammen mit ihrer Mutter für zehn Tage durch Norwegen reiste. Dabei hatte ich sie auf mein Alter geschätzt und sie mich auf ihr Alter. Das sehe ich mal einfach als Kompliment :-).

Nach einigen Minuten Wartezeit wurden wir tatsächlich auf die Fähre gelassen. Wir wurden nur nach unserem Namen gefragt und mussten nichts bezahlen. Genial! Die dreistündige Fahrt verbrachte ich dann mit Elena (der Italienerin) auf dem Deck und staunte über die beeindruckende Landschaft. Wir ließen Bodo hinter uns und fuhren an Inseln vorbei, die steil aus dem Meer ragten bis die Lofoten in Sicht kamen. Seit drei Wochen schwärme ich von dieser Landschaft. Seit drei Wochen denke ich, es kann nicht noch schöner werden, aber holla die Waldfee, es kann definitiv noch schöner werden. Ein flaches Ufer mit roten Holzhütten erhob sich aus dem Wasser und verlief dann prompt in spitze Berge, die einen nur staunen ließen. Ich knipste ein paar Bilder und aß mich an dieser Landschaft satt (obwohl satt bin ich noch immer nicht).


Umso aufgeregter war ich ans Ufer zu kommen. Dort verabschiedete ich mich von Elena und ihrer Mutter, die heute schon nach A fuhren. Ich hingegen spazierte zum Campingplatz, der direkt am Meer gelegen ist. Von meinem Zelt aus habe ich einen schönen Blick auf eine kleine mit Steinen umrandete Bucht.


Dann entschied ich mich noch ein kleines Ründchen zu wandern und erklomm den nächsten Berg. Als ich das steilste Stück hinter mir gelassen hatte, öffnete sich ein wunderbarer Blick auf das kleine Dörfchen Sorvagen. Mit zwei Keksen gestärkt ging es weiter an einem See entlang, der das Dörfchen mit Trinkwasser versorgte.
Meine Wanderung führte mich über feuchte Wiesen zu einem weiteren See, über leicht bewaldete Wanderwege zu noch einem See und schließlich nach Sorvagen, von wo aus ich über die Straße zurück zum Campingplatz lief. Die ganze Zeit hatte ich eine postkartenreife Landschaft vor meinen Augen.


Zurück am Campingplatz kochte ich mir zuerst Nudeln. Als das Wasser kochte fiel mir auf, dass in der Packung nur 450 Gramm und keine 500 Gramm drin sind, wie wir immer angenommen hatten. Dann ist es ja völlig normal, dass ich eine halbe Packung esse :-). Nach einer schönen Dusche mache ich es mir jetzt wieder gemütlich und träume wahrscheinlich von Feen und Meerjungfrauen, die auf einer grünen Insel zwischen Meeren und Seen herum trollen.

Nördlich vom Polarkreis

Die Nacht verging wie im Flug. Ich wachte nur selten auf, um einmal die Position zu wechseln. So langsam gewöhne ich mich daran, im Zug zu schlafen. Um viertel nach Neun erreichte der Zug dann Bodø, die Endstation für norwegische Züge. Ab hier geht es nur noch mit Bus weiter. Es gibt zwar noch einen Bahnhof in Narvik, aber die Züge von dort fahren nur nach Schweden.

Nachdem ich mich orientiert hatte, lief ich zum Campingplatz. Auf der Karte sah er aber weniger entfernt aus und so brauchte ich eine Dreiviertelstunde bis ich mein Zelt aufschlagen konnte. Danach frühstückte ich und freute mich auf eine Dusche und frische Klamotten.

Mein Reiseführer hält Bodø wohl nicht für besonders schön. Zumindest sagt er, dass sie architektonisch nicht viel zu bieten hat, weil sie im zweiten Weltkrieg komplett zerbombt wurde. Ich entschied mich dazu, ins Stadtmuseum zu gehen, wo mich eine nette Studentin empfing, mit der ich mich viel unterhielt. Im Museum war nicht so viel los, aber die Ausstellung über die Stadtgeschichte war ganz interessant. Wohingegen das Trockenaquarium (eine Glasvitrine mit ausgestopften Fischen) eher komisch und gruselig war. Ich glaube, selbst die Studentin, die im Museum arbeitet, mag die Ausstellung nicht, aber sie steht unter Denkmalschutz, da sie im 19. Jahrhundert dazu diente, den Fischern Wissenswertes über Fische beizubringen.

Nach meinem Geschichts- und Meereskundeunterricht ging ich zum Kai, um mich über die Abfahrpläne der Fähren zu den Lofoten zu informieren. Soweit ich das richtig verstanden habe, muss ich mich morgen einfach in die Schlange stellen und kann kostenlos mitfahren, weil ich kein Fahrzeug dabei habe. Mit diesem Wissen spazierte ich noch etwas durch die Stadt. Die meisten Gebäude sind echt nicht so bewunderswert, dafür aber der Hafen, von dem aus man einen atemberaubenden Blick auf das Meer, zerklüftete Berge und kleine Inseln hat.

Zurück am Campingplatz machte ich mir Nudeln mit Pesto UND Avocado und Cashewnüssen (sehr ausgewogen). Ich glaube übrigens, dass Lina Recht hatte. Eine Packung Nudeln reicht auch ohne sie nur für zwei Abende… Danach setzte ich mich noch ans Meer und las ein wenig bis es zu frisch wurde und ich mich ins Zelt verkroch. Schließlich bin ich jetzt oberhalb des Polarkreises.

Den Süden hinter mir gelassen

Eigentlich habe ich sehr gut geschlafen. Ich bin zwar oft aufgewacht, aber dann direkt wieder eingeschlafen. Zumindest sagte mir das mein Fünf Freunde Hörspiel, das ich immer wieder von Neuem startete und nie über die Stelle kam, an denen die Fünf Freunde komische Blitze über einem Turm sahen. Vielleicht lösen sie ja heute Nacht das Rätsel. Um halb Sieben erreichte der Zug Oslo. Nun hieß es Abschied nehmen, denn Lina nahm hier ihren Zug zum Flughafen. Nach einer umständlichen Umarmung mit riesigen Rucksäcken stieg Lina ein. Erst wollte ich einfach gehen, aber dann wartete ich doch und winkte zum Abschied. Als der Zug schließlich fuhr, war ich alleine, in einem Land, das ich mittlerweile ganz gut kannte und in einer Stadt, die ich jetzt auch schon zwei mal gesehen hatte. Also spazierte ich als erstes zum Rema, um mir Frühstück zu kaufen. Allerdings musste ich noch warten, weil dieser erst um sieben Uhr öffnete. Nach einem Joghurt und Roggenbrot fuhr der nächste Zug auch schon nach Trondheim. Die Fahrt vertrieb ich mir mit Netflix und Landschaft beobachten.

In Trondheim hatte ich nun neun Stunden bis mein nächster Zug fuhr. Zuerst spielte ich mit dem Gedanken schwimmen zu gehen. Die Sonne schien und es war sehr warm, aber ich wollte zuerst in die Stadt. Also spazierte ich am Fjord und am Fluss entlang zum Dom, den ich dieses Mal von innen besuchte. Die Sonne warf ein wunderbares Licht durch die Kirchenfenster. Danach kaufte ich mir erst Mal eine Flasche Wasser und neue Trekkingnahrung. Wer weiß, wo ich noch landen werde, wo es keinen Supermarkt gibt. Jetzt lief ich zurück zum Fjord, aber eine dunkle Wolke zog auf, also legte ich mich einfach nur an den „Strand“ (einen kleinen aufgeschütteten Sandhügel).

Schließlich war es auch schon Zeit fürs Abendessen. Ich aß eine sehr leckere Falaffelrolle und danach setzte ich mich noch in den Mc Donalds, weil es zu regnen anfing. Nach einigen Telefonaten war es auch schon halb Zwölf und ich mein nächster Zug stand schon am Gleis. Mal schauen, wie bequem diese Nacht wird.